07. April 2021

Stau im Suezkanal – was gilt es zu beachten?

Update – 27. April 2021

Aktuelle Lage zur „EVER GIVEN“:
Das Schiff befindet sich samt Ladung und Crew noch immer im Großen Bittersee im Suezkanal. Die ägyptischen Behörden haben das Schiff im Streit um die durch die Havarie entstandenen Schäden beschlagnahmt. Ägypten fordert Schadensersatz in Höhe von ca. 916 Millionen US-Dollar vom japanischen Eigner des Schiffes Shoei Kisen und dessen Tochterunternehmen Luster Maritime in Panama. Im Gegenzug hat der Schiffseigner in London einen Haftungsfond nach dem Haftungsbeschränkungsübereinkommen in Höhe von ca. 1oo Millionen US-Dollar eingerichtet, der somit weit hinter den Forderungen der ägyptischen Behörde zurückbleibt.

Der Streit, auch zur Ursache des Schadens, wird zurzeit vor den ägyptischen Gerichten ausgetragen, Dauer und Ausgang ungewiss. Ägypten nimmt alle Wareninteressenten mit ihren Gütern in Geiselhaft, sodass Schadenminderungsmaßnahmen aktuell nicht möglich sind.

Die Transport- und Verkehrshaftungsversicherer halten sich daher allgemein aufgrund der misslichen Situation mit Bewertungen zum Schaden zurück. Sofern Sie mit Ihrer Ladung betroffen sind, sollten Sie vorsorgliche Schadenmeldungen bei Ihrem Versicherer einreichen.

Weitere Informationen zur aktuellen Lage des Schiffes finden Sie unter folgendem Link:
„Ever Given“: Was wurde aus dem im Suezkanal gestrandeten Schiff? – DER SPIEGEL

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Update – 7. April 2021

Am 01. April 2021 hat der japanische Eigner des Schiffes „EVER GIVEN“, Shoei Kisen Kaisha, Havarie-grosse (General Average) erklärt. Als Dispacheur wurde das Unternehmen Richards Hogg Lindley Ltd bestellt (siehe auch hier).

Zuvor konnte das Schiff am 29. März mithilfe von Schleppern aus seiner schwierigen Lage befreit werden. Die „EVER GIVEN“ befindet sich zurzeit im Großen Bittersee am Suezkanal, da Ägypten einen Schadenersatz in Milliardenhöhe, unter anderem für die Beschädigung des Kanals und die entgangenen Einnahmen, fordert. Wann eine Weiterfahrt erfolgen kann, ist derzeit nicht absehbar.

Was müssen Betroffene beachten?

Soweit Sie vom Dispacheur aufgefordert werden, für die auf dem Schiff befindliche Ladung Sicherheit zu leisten, hilft der Transportversicherer.

In der Regel müssen dem Dispacheur folgende Dokumente vorgelegt werden:

  • Eine Rechnungskopie der Güter
  • Eine Kopie des Bill of Lading (Konnossement)
  • Ein Average Bond Form des Eigentümers der Güter oder eine Average Guarantee des Versicherers

Die Average Guarantee wird vom Warentransportversicherer im bedingungsgemäßen Umfang Ihrer Police gezeichnet. Bei Nichtbestehen einer Transportversicherung gibt es die Möglichkeit, dass der Verkehrshaftungsversicherer, soweit ein ihm zur Last fallender, weitergehender Schaden droht, Beiträge zur Havarie-grosse im Umfang der Police ersetzt.

Sofern Sie Aufträge auf Basis der ADSp 2017 durchführen, haben Sie gemäß Ziffer 17.3 ADSp 2017 einen Befreiungsanspruch in Bezug auf die Haveriekosten gegenüber Ihrem Auftraggeber.

Sollten Sie betroffen sein und Fragen zur Ihrem Versicherungsschutz haben, kontaktieren Sie Ihren Kundenberater oder sprechen uns gern an!

26. März 2021

Das Containerschiff „EVER GIVEN“ der taiwanesischen Reederei „Evergreen Marine“ mit einer Kapazität von 20.000 Containern blockiert seit dem 23. März 2021 den Suezkanal. Was das für Ihren Versicherungsschutz bedeutet erläutern Ihnen unsere SCHUNCK-Experten.

Die EVER GIVEN ist aus bis dato noch nicht eindeutig geklärten Umständen auf ihrem Weg von China nach Rotterdam im Suezkanal auf Grund gelaufen (siehe auch Verkehrsrundschau Online). Dabei hat sich das rund 400 Meter lange Schiff derart gedreht, dass es den kompletten Suezkanal blockiert. Die EVER GIVEN soll aufgrund von starken Winden eines Sandsturms vom Kurs abgedrängt worden und auf eine Sandbank gelaufen sein. Andere Quellen gehen von einem Stromausfall als schadenursächliches Ereignis aus. Ob eine Havarie-grosse ausgerufen wurde, ist unbekannt.

Die Zeit drängt!

Der Suezkanal ist weltweit eine der meist befahrenen Seestrecken. Aktuell sollen schon mehr als 150 Schiffe durch die EVER GIVEN blockiert sein – und werden an der Weiterfahrt gehindert. Andere Schiffe beginnen bereits, den Suezkanal zu umfahren und nehmen eine deutlich verspätete Ankunft in den Zielhäfen in Kauf. Eine längere Blockade und damit verspätete Ankunft von Waren in Europa könnte drastische Konsequenzen für Produzenten, Handel, Logistiker und auch Hafenbetreiber bedeuten.

Was bedeutet die Havarie für Ihren Versicherungsschutz?

Zunächst ist zu unterscheiden, ob sich Ihre Ware auf der EVER GIVEN befindet oder in einem der nachfolgenden Schiffe.

Aus Sicht der Warentransportversicherung:

  • Sind direkte Schäden an der Ware durch das Auflaufen auf die Sandbank in unseren Versicherungslösungen mitversichert. Auch sind Einschüsse zur Havarie-grosse abgedeckt, sollte sich dieser Tatbestand verwirklichen.
  • Sollte die Reederei im Falle einer Havarie-grosse ihr Pfandrecht für die unversehrte Ware ausüben, stellt der Transportversicherer einen General Average Bond bzw. eine General Average Guarantee als Garantie der Übernahme der Einschüsse zur Havarie-grosse aus, damit Sie Ihre Ware erhalten.
  • Spezialfälle wie die Verzögerung der Reise, Umladekosten im Schadenfall oder auch Vermögensschäden, sind im Einzelfall zu klären, wenn die genauen Umstände bekannt sind. Entstandene Vermögensschäden durch verspätete Anlieferungen können momentan ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden. Diese sind in unseren Versicherungslösungen regelmäßig eingeschlossen, sofern ein am Transport beteiligter Verkehrsträger nach deutschem Recht zu haften hätte.
  • Wenn sich Ihre Waren auf einem der blockierten Schiffe befinden, sollten Sie Ihren Transportversicherer hierüber dann informieren, wenn Ihnen bekannt wird, dass sich die Reise erheblich verzögert und/oder das Schiff eine andere Route wählt. Somit beugen Sie eventuellen Nachteilen einer Gefahränderung vor.

Aus Sicht der Verkehrshaftungsversicherung:

  • Fixkostenspediteure müssen sich das Verhalten der eingesetzten Frachtführer/Verfrachter des Schiffes zurechnen lassen, wie eigenes Verschulden. Ob der Verfrachter haftet, steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest, da die Ursache des Querstellens des Schiffes derzeit unbekannt ist. Es ist nicht auszuschließen, dass sich der Verfrachter auf einen Haftungsausschlusstatbestand berufen können wird.
    Sollte eine Haftung des Verfrachters doch gegeben sein, schlägt diese auf den Spediteur durch. In diesem Fall beläuft sich die Haftung für Güterschäden nach § 498 HGB in Verbindung mit § 504 HGB auf maximal 666,67 Rechnungseinheiten für das Stück oder die Einheit oder ein Betrag von 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts des Gutes, je nachdem, welcher Betrag höher ist.
  • Der Zeitpunkt zur Beurteilung der Haftung für Lieferfristüberschreitung ist momentan ebenfalls zu früh. Viel hängt hier sicherlich davon ab, ob und wann das Schiff die Reise fortführen kann. Festzuhalten ist, dass die Haftung des Verfrachters für Lieferfristüberschreitungen ein Verschulden voraussetzt und in einer der Höhe nach unbegrenzten Haftung münden kann.
  • Ihre eventuell eintretende Haftung als Fixkostenspediteur ist in bedingungsgemäßen Umfang über Ihre Verkehrshaftungs-Police bei uns versichert.

Kurzinfos

Havarie-grosse

Havarie-grosse liegt vor, wenn der Kapitän eines Schiffs zur Rettung aus unmittelbarer, gemeinsamer Gefahr für Schiff und Güter außergewöhnliche Aufwendungen (z.B. zur Bergung) oder Aufführungen (z.B. Seewurf von Gütern, Strandung des Schiffes, Flutung der Lagerräume bei Feuer) veranlasst.

Diese Schäden und Kosten werden proportional zu den Beitragswerten von Schiff, Ladung und Frachtgeld aufgeteilt und müssen von den jeweiligen Interesseinhabern (Beitragspflichtigen) getragen werden.

Dispacheur

Der Dispacheur erstellt nach einer Havarie-grosse den Verteilungsplan („Dispache“) für die entstandenen Kosten, Aufwendungen und Opfer und weist die Beiträge den Beteiligten zu. Dispacheure sind in der Regel von dem Reeder beauftragte spezialisierte Sachverständige.

General Average Bond

Der Average Bond (auch „Havarie-grosse-Verpflichtungsschein“) wird auf Aufforderung des Dispacheurs durch die jeweiligen Ladungsbeteiligten abgegeben. Die Ladungsbeteiligten verpflichten sich mit der Unterzeichnung des Average Bonds zur Zahlung der Havarie-grosse-Beiträge gemäß Dispache. Aufgrund des Pfandrechts der Reederei wird die Ware regelmäßig erst gegen Abgabe des Average Bonds freigegeben.

General Average Guarantee

Die Average Guarantee ist eine gesonderte Garantie eines Dritten (z.B. des Warentransportversicherers), die anteiligen Kosten der Havarie-grosse des jeweiligen Ladungsbeteiligten zu übernehmen. Damit sichert sich der Reeder zusätzlich ab, da er die Bonität der Ladungsbeteiligten nicht einschätzen kann.

Es bleibt zu hoffen, dass die Blockade möglichst schnell beendet werden kann und sich die Auswirkungen auf den Welthandel in überschaubaren Grenzen halten werden.

Aktuell ist nach Einschätzung von Experten unklar, ob sich der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung als Ausweichroute lohne (Verkehrsrundschau Online).

Sollten Sie von der Blockade des Suezkanals betroffen sein und Fragen zur Ihrem Versicherungsschutz haben, kontaktieren Sie Ihren Kundenberater oder sprechen uns gern an!

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