07. März 2024

Angriffe im Roten Meer: Was Sie zur aktuellen Lieferkettenstörung wissen müssen!

Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas attackiert die Huthi-Miliz, eine Bürgerkriegspartei im Jemen, immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer. Dies soll der Unterstützung der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen dienen.

Die fortlaufenden Angriffe, die die Huthi-Miliz bereits seit Mitte November 2023 auf Handelsschiffe verübt haben, stellen eine internationale logistische Herausforderung dar.

Trotz Eingreifens der USA und ihrer Verbündeten ist ein Ende der illegalen, gefährlichen und destabilisierenden Angriffe durch die Huthi-Milizen nicht absehbar.

Sind Sie von den Angriffen betroffen? Auftraggeber, Spediteure und Reeder müssen mit längeren Lieferzeiten und steigenden Transportkosten in Form höherer Frachtraten rechnen.

Ihr Anliegen zur Transportversicherung?

Rudolf Eder

EderR@schunck.de

Sie haben Fragen zur Verkehrshaftungsversicherung?

Stephan Rieß

RiessS@schunck.de

Folgende Punkte gilt es in der aktuellen Situation zu beachten:

1. Kostenlast bei Mehrkosten

Soweit die jeweilige Transportvereinbarung zeitlich vor Kenntnis (oder Kennen müssen) der aktuellen Situation getroffen wurde, dürften die jüngsten Ereignisse für alle Beteiligten überraschend eingetreten und damit als ein Umstand höher Gewalt zu betrachten sein. Der Spediteur kann sich in diesen Fällen gegenüber seinem Auftraggeber ebenso auf höhere Gewalt berufen, wie der Verfrachter gegenüber dem Befrachter.

Für zeitlich nachgelagerte/aktuelle Transportvereinbarungen greift der Verweis auf das Vorliegen höherer Gewalt jedoch nicht mehr. Wenn Fixkostenspediteure in Kenntnis (oder Kennen müssen) der Situation dennoch Aufträge für Transporte durch das Rote Meer annehmen, können sie sich im Schadenfall nicht auf ein überraschendes und außerhalb ihres Einflussbereiches liegendes Ereignis berufen und müssen eventuelle Mehrkosten tragen.

Die erhöhten Transportkosten können Fixkostenspediteure nur dann an Ihre Auftraggeber weiterreichen, wenn sie entsprechende Anpassungen vertraglich vereinbart haben.

2. Haftung für Schäden

a. Verspätungsschäden

In der Regel werden für Seefrachtverträge – u.a. auch wegen den typischen Unwägbarkeiten des Seetransportes – keine konkreten Liefertermine vereinbart, sondern nur ein ungefähres Lieferdatum (ETA = Estimated Time of Arrival) angegeben. In diesen Fällen kommt eine dem Grunde nach unbegrenzte Haftung des Fixkostenspediteurs/Verfrachters für Verspätungsschäden nach den allgemeinen deutschen Haftungsregeln (§§ 280, 286 BGB) in Betracht, wenn die Auslieferung der Ware deutlich später erfolgt, als bei einem vergleichbaren Transport üblich wäre. Soweit die ADSp 2017 vereinbart sind, ist die Haftung für Verspätungsschäden auf maximal 125.000 EUR beschränkt.

b. Güterschäden

Der Fixkostenspediteur/Verfrachter haftet für Güterschäden bei Verlust oder Beschädigung, wenn er die schadenauslösenden Umstände bei Abschluss des Vertrags durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters hätte abwenden können, vgl. § 498 Abs. 2, S.1 HGB.

Die Haftung des Spediteurs für Güterschäden ist dabei nach § 498 HGB in Verbindung mit § 504 HGB auf maximal 666,67 Rechnungseinheiten für das Stück oder die Einheit oder einen Betrag von 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts des Gutes beschränkt, je nachdem, welcher Betrag höher ist.

3. Versicherung von Schäden

Es ist zunächst zwischen Transportversicherung und Verkehrshaftungsversicherung zu differenzieren.

a. Transportversicherung

Die Deckungskonzepte der verschiedenen Versicherer am Markt bieten grundsätzlich einen ähnlichen Schutz.

i. Verspätungsschäden
Kriegsbedingte Verspätungsschäden sind über die Transportversicherung nicht versicherbar.

ii. Güterschäden
Krieg, kriegerische Handlungen, Streik- und Aufruhr sowie Beschlagnahme (im Folgenden „politische Risiken“ genannt), sind in üblichen Maklerwordings mitversicherte Gefahren, d.h. ein in diesem Zusammenhang eingetretener Verlust oder Beschädigung ist grundsätzlich versichert.

Hinsichtlich noch nicht begonnener Transporte enthalten Transportversicherungspolicen regelmäßig eine 48-Stunden-Kündigungsklauselfür politische Risiken. Einige Versicherer haben bereits in den letzten Wochen von diesem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht.

Somit sind politische Risiken im Gebiet des Indischen Ozeans, des Golf von Aden und des südlichen Roten Meeres innerhalb einer definierten Begrenzung ausgeschlossen.

Der betroffene Korridor lässt sich vereinfacht innerhalb des roten Bereichs wie folgt darstellen, siehe Bild.

Wichtig zu beachten: Außerhalb des Korridors besteht Versicherungsschutz für sämtliche Risiken unverändert fort und innerhalb des Korridors sind alle übrigen Risiken, also beispielsweise ein Transportmittelunfall, der nicht im Zusammenhang mit Krieg, Streik, Aufruhr oder Beschlagnahme steht, nach wie vor versichert.

Es ist damit zu rechnen, dass  der Versicherungsmarkt einheitlich nachzieht und Versicherungsschutz für politische Risiken im Gebiet rund um das Rote Meer nicht mehr verfügbar sein wird.

b. Verkehrshaftung

In Verkehrshaftungspolicen ist der Deckungsschutz für Schäden im Zusammenhang mit Krieg oder kriegsähnlichen Ereignissen ausgeschlossen.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass sowohl Güter-, als auch Verspätungsschäden, welche auf einen Angriff der Huthi-Miliz zurückzuführen sind, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

Unsere Tipps für die Praxis

Es bleibt zu hoffen, dass die Angriffe durch die Huthi-Miliz möglichst schnell unter Kontrolle gebracht/beendet werden können und sich die Auswirkungen auf den Welthandel in überschaubaren Grenzen halten werden.

Aus unserer Sicht ist in der aktuellen Situation folgendes Vorgehen zu empfehlen:

Sie als Spediteur haben in der Regel tieferen Einblick in die Probleme und Möglichkeiten einer Verschiffung über das Rote Meer bzw. über mögliche Ausweichrouten als Ihr Auftraggeber.

Klären Sie Ihre Auftraggeber deshalb nachweislich über die möglichen Gefahren und Risiken einer Transportroute über das Rote Meer auf. Dadurch beugen Sie auch einem Verschuldensvorwurf Ihres Auftraggebers in einem etwaigen Schadenfall vor.

Sie können ferner- erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe- gemeinsam mit Ihrem Auftraggeber eine Enthaftungsvereinbarung treffen. Diese sollte klarstellen, dass dem Kunden die aktuelle Situation in diesen Gebieten bekannt ist und die Transporte über das Rote Meer trotz der Gefahren auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden durchgeführt werden. Idealerweise unterzeichnet der Kunde hinsichtlich der möglichen Schäden, Aufwendungen und Kosten zudem eine Freistellungserklärung/und oder eine Kostenübernahmevereinbarung zu Ihren Gunsten.

Eine weitere Möglichkeit kann der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung sein, allerdings sind die Verspätungen durch die Umleitung nicht unerheblich (USA=ca. eine Woche länger, Europa=bis zu zwei Wochen länger, östliches Mittelmeer= ca. 18 Tage länger).

Sollten Sie von den Problemen im Roten Meer betroffen sein und Fragen zu Ihrem Versicherungsschutz haben, kontaktieren Sie Ihren Kundenberater oder sprechen uns gern an!

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